Das Japanischlernen läuft (manchmal) nicht so, wie du es gerne hättest? Du bist down, weil du die Prüfung nicht geschafft hast oder die Vokabeln nicht im Hirn hängenbleiben? Oder wenn du alles vergisst/dich nicht traust und du nur ein paar Wörter stammeln kannst, wenn du mit Japanern sprichst?

Ich sag dir was – das ist ok. Es wird! Mir ging es auch nicht anders! Ich habe lange überlegt, ob ich dir eine sehr wichtige Geschichte von mir erzählen soll. Und weißt du was – ich denke, es ist ganz wichtig, dass du die folgende Geschichte aus meinem Japanisch-lern-Leben kennst.

Es gibt da diesen JLPT – diese japanische Sprachprüfung. Mittlerweile in 5 Levels. Den Level N2 habe ich ohne Probleme geschafft – da war ich auch zur Vorbereitung 5 Monate durchgehend in Japan. Aber den N1 (also das höchste Niveau), der war eine harte Nuss. Ich war kurz davor aufzugeben. Beim ersten Antritt war ich mit meinem Sohn schwanger. Am Prüfungstag ging es mir nicht besonders gut – Morgenübelkeit – schwindelig war mir – und essen durfte ich auch nicht während der Prüfungszeit. Irgendwie habe ich den Vormittag durchgestanden.

Geschafft habe ich die Prüfung aber nicht – nicht mal knapp. Da waren noch Welten zwischen meinem Level und dem Niveau, das ich für das Bestehen brauchte. Ich weiß nicht mehr die genaue Punktezahl, aber ich hatte ca. 40 Punkte von 180; 100 braucht man zum Bestehen. Beim Leseteil bin ich vollkommen durchgefallen – so viele Kanji, die mir noch nie untergekommen sind – und so wenig Zeit, das alles zu lesen und dann noch die Fragen !richtig! zu beantworten.

Ich war also am Boden zerstört. Trotzdem wollte ich mich noch nicht geschlagen geben. Probieren wir es im nächsten Jahr, nahm ich mir vor. Tja, nur im nächsten Jahr war mein Sohn grade mal 5 Monate alt. An viel Lernen war nicht zu denken. Wenigstens meinen regelmäßigen Unterricht konnte ich Dank meines Mannes, der auf unseren Sohn aufpasste, fortsetzen. Und wieder trat ich an – Ergebnis: wieder nicht geschafft – aber zumindest diesmal schon 60 Punkte von 180. Also 20 Punkte mehr als im Jahr zuvor.

Scheiße. So wird das nie was, dachte ich mir. Ich habe richtig geheult, als ich die Nachricht von meinem Versagen bekommen habe. Aber ich wollte noch immer nicht aufgeben. Einige Bekannte sagten mir, ach, die Vokabeln usw. die da im Test vorkommen, das kommt ja im normalen Leben gar nicht vor, den Test schaffen ja nicht mal Japaner.

Danke für die netten Lügen. Aber es stimmt nicht. Der bestandene JLPT N1 bescheinigt dir Japanischkenntnisse auf dem Level einer Aufnahmeprüfung für die High-School. Also das kann jeder Japaner.

Nunja. Wieder war ein Jahr vergangen und wieder habe ich mich für die Prüfung angemeldet. Diesmal hatte ich sogar einen Vorbereitungskurs besucht und 1-2 ganze Übungs-Prüfungen durchgemacht. Die Prüfung kam und ich wartete wieder auf das Ergebnis. Ob du mir glaubst oder nicht, wieder nicht geschafft. 80 Punkte von 180. Das kann es ja nicht sein, schrie es in mir! Diese Scheiß-Prüfung! Ich war mir so sicher, dass ich sie diesmal geschafft hatte.

Nach einer schwächelnden Woche, wo ich meinen Freunden von meinem Leid erzählte, wuchs in mir so ein Gefühl. Ein Gefühl, dass mir dieses Ergebnis etwas mitteilen wollte. Und zwar, dass ich zu wenig gelernt hatte – schließlich war es die höchste Prüfungs-Stufe für Japanisch. Die schafft nur ein Bruchteil der Leute, die jährlich antreten. Ich hatte auch von anderen Bekannten schon gehört, dass sie es nicht auf das erste Mal geschafft hatten, obwohl sie schon viele Jahre in Japan lebten und arbeiteten. Ich wollte es damals nicht glauben, als ein Mitarbeiter der österreichischen Außenhandelsstelle in Tokyo mir erzählte, dass er die Prüfung nicht geschafft hatte. Schließlich hörte ich ja sein perfektes Japanisch jeden Tag, wenn er mit japanischen Firmen telefonierte oder die Firmen zu Besprechungen kamen.

Das Gute (oder manchmal auch das Schlimme) von mir ist mein Ehrgeiz. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann mache ich so lange weiter, bis ich es geschafft habe. Wenn nicht beim 3. Anlauf, dann halt beim 4.!!! Ich nahm mir diesmal Privatstunden. Und das nicht nur einmal pro Woche, sondern zweimal, anfangs bei verschiedenen Lehrern, dann nur noch bei einem (der, der mir sympatischer war). Und das für ein gutes halbes Jahr. Jede Woche diverse Probeübungen als Hausaufgabe. Jede Woche neue Kanji und Vokabeln heraussuchen, schauen, wie diese Vokabeln verwendet werden. Meinen Lesestil so verbessern, dass ich schneller lesen kann und schneller die wichtigsten Anhaltspunkte in einem Text finde. Der Hörverständnis-Teil der Prüfung war nicht das Problem – dort hatte ich immer fast die komplette Punktezahl. Das lag wohl daran, dass ich täglich mit meinem Mann Japanisch sprach, mir japanische Filme und Nachrichten ansah (ja, auch Anime) und endlich auch japanische Bücher las.

Den 4. Anlauf zur Prüfung machte ich dann in Deutschland – ein weiteres ganzes Jahr wollte ich nicht mehr warten. In Österreich gibt es die Prüfung nur im Dezember, in ein paar deutschen Städten auch im Sommer. So flog ich dann für ein Wochenende nach Hamburg, ging am Vorabend in ein japanisches Lokal, konnte nicht schlafen (ich hatte wohl zu viel gegessen und die Aufregung natürlich) und fuhr dann sehr müde und unausgeschlafen zum Prüfungsort. Es war sauheiß, auch im Prüfungssaal. Anfangs war das Fenster offen, aber bei den Hörübungen musste zugemacht werden. Ich dachte, ich schlafe gleich ein, so warm war es. Zum Schluss hin fehlte es mir schon eindeutig an Konzentration und ich war mir nicht mehr sicher, was ich gehört hatte.

Endlich war die Prüfung vorüber und ich flog zurück nach Wien, wo mein Sohn und mein Mann schon auf mich warteten. Sofort überflogen mich wieder Zweifel, ob ich diesmal wohl die Prüfung geschafft habe. Ich musste ja wieder ein paar Monate warten, bis die Ergebnisse verfügbar waren. Und endlich konnte ich online die Ergebnisse einsehen. Es war geschafft – ich hatte bestanden – mit über 130 Punkten! Irgendwie fühlte ich mich erleichtert. Mein nächster Gedanke war, so Manuela, was ist dein nächstes Ziel? Schon blöd, wenn man nicht genug von solchen Herausforderungen hat, oder?! Und so wuchs in mir folgender Wunsch:

Anderen helfen, dass sie nicht so lange brauchen, Japanisch auf dem gewünschten Niveau zu beherrschen. Mein Japanischlernen war wahrhaftig nicht immer das beste Beispiel. Es gab viele Hochphasen, aber auch viele Flauten. Ich hatte ein paar wirklich gute Lehrer (eine kam sogar zu meiner Hochzeit in Kyoto). Manche Lehrer würde ich aber meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Ein Lehrer hat großen Einfluss auf deinen Lernfortschritt. Wenn er seinen Job gut macht, dann kannst du in kurzer Zeit viel lernen. Wenn du einen schlechten Lehrer hast, wirst du trotz anfänglicher Motivation auch über einen langen Zeitraum nicht wirklich weiterkommen.

Was einen guten Lehrer und einen guten Unterricht ausmachen, kannst du hier (knapp ab der Hälfte) nachlesen.

Warum ich dir das heute erzählt habe? Das hat mehrere Gründe.

  1. will ich dir mit meiner Geschichte zeigen, dass auch mein Japanisch-Lern-Weg nicht einfach war.
  2. bin ich wirklich stolz auf alle meine Kursteilnehmer, dass sie mit dem Tempo meiner Kurse gut mitkommen und auch brav zu Hause lernen. Hut ab! Hätte mein früheres Ich auch so gelernt, hätte sich der Erfolg bei mir um einiges schneller eingestellt.
  3. möchte ich, dass du weißt, dass du dein Ziel erreichen wirst, wenn du es wirklich willst – auch wenn es vielleicht nicht beim ersten Mal klappt. Und vielleicht auch nicht beim 2. Mal. Aber irgendwann sicher – solange du nicht aufgibst.

Also bleib dran beim Japanischlernen!

Manuela マヌエラ – aller guten Dinge sind 4!